25.03.2020 (ML)

gestern im park, kurz vor 18:00 – mitten im gestrüpp stand eine frau im roten mantel und spielte posaune. bevor ich sie entdeckte, dachte ich kurz, dass auch in leipzig nun das balkonmusizieren angefangen hat, doch nicht. aber mir fielen wieder die wunder an, an die mensch sich halten soll.

heute saß ich dann fast den ganzen tag am offenen fenster in der sonne, das fenster ist eigentlich eine balkontür, doch der balkon wurde kürzlich abgerissen, stattdessen sind da zwei dicke bretter angenagelt worden, damit man nicht hinausfällt. man sitzt also halb draußen. in der sonne, mit blick auf die stille umgebung und blühende bäume. ich las ein buch, das ich neulich am fensterbrett gefunden hab – damals musste ich ein paar stunden überbrücken und hatte nichts zum lesen dabei, jetzt lese ich es weiter. an offener balkontür. zwischendurch vergaß ich, welcher tag heute ist, und die uhrzeit ist mir auch weitestgehend entglitten. das internet fiel aus.

später, um noch ein wenig die sonnenstunden zu genießen, fuhr ich durch den park nach hause. der park suggeriert nach wie vor einen vollkommen unbekümmerten sonntag. sodass ich mich wunderte, dass der supermakt, an dem ich dann vorbeifuhr, doch offen war. die menschen sind zwar anders gruppiert, aber ansonsten überall. ausgestattet mit dervorstellung aus der wohnung von der zu herrschenden stille und ausgestorbenheit, kam ich mir vor, als reiste ich durch die zeit. und ich hatte wieder keinen passierschein dabei. und in meinem perso steht immer noch meine alte adresse.