Neulich. Am Hamburger Hauptbahnhof, außer mir sind da kaum Menschen. Und die Leere erdrückt mich, so als wären da wie so oft viel zu viele Menschen auf dem zu engen Bahnsteig. Der Zug, in den ich dann steige, verpasst mir eine ordentliche Portion Fernweh, so wie es Züge versprechen, die quer durch Europa fahren. Und die kommenden viereinhalb Stunden verbringe ich allein in dem Abteil in Richtung Südost, als wäre ich in der Zeit um einige Jahre zurückgereist. Und ich muss, warum auch immer, an diesen einen Satz denken, den Peter Bowles neben vielen anderen Sätzen in einem seiner letzten Interviews gesagt hat, ein Gespräch, das mehr als zwanzig Jahren zurückliegt. Jeder hat nur ein Lied. Und ich kann den Zusammenhang nicht mehr herleiten, warum er das damals sagte, doch ich glaube, vermutlich hat er recht.
Und die Landschaft an der Elbe sieht aus wie die Landschaft an der Elbe aussieht. Und Berlin sieht vom Zugabteil aus wie Berlin vom Zugabteil aus aussieht. Und am Neustädter Bahnhof in Dresden ist auch kaum ein Mensch zu sehen, doch in dem Moment als ich die Stufen nach unten steige und anschließend durch die leere Bahnhofshalle gehe, vorbei an dem Blumenladen und auch an dem Buch- und Zeitungsladen, da glaube ich, das muss so sein. Und die Straßenbahn, die mich quer durch die Stadt bringt, ist leer, dass ich für einen Moment irritiert bin, und ich denke, irgendwas ist anders.
Und zwei Tage später am Hauptbahnhof, der so leer ist, als sei es gerade Abend geworden, ja als würden alle Menschen vorm Fernseher auf die Nachrichten und den anschließenden Tatort warten, und alle Menschen hätten genau deswegen keine Zeit, einmal quer durch Deutschland zu reisen, da bin ich mir sicher, dass es nicht die Wirklichkeit ist, die sich verändert oder nicht verändert, sondern etwas in mir, etwas das taumelt und pocht und irgendwann nur noch fließen wird.